Eigentlich sollte heute nur ein Ultraschall in einer Spezial-Ultraschallpraxis gemacht werden. Wir haben uns sehr auf diesen Tag gefreut. Noch mal ein Video zum Zeigen. Doch nach den ersten Untersuchungen wurde festgestellt, dass unser Baby ein Problem hat. Medizinisch: fetale Retardierung. Zu deutsch, das Kind ist vom Wachstum des Kopfes der Schwangerschaftswoche entsprechend, der Körper aber 3-4 Wochen hinterher. Grund dafür sind wahrscheinlich Blutungen im Dezember, ein Bluterguss auf der Plazenta und außerdem ein schlechter Blutfluss in der Nabelschnurarterie. Die Diagnose war für uns ein Schock. Im Prinzip bedeutet diese Nachricht, dass unser Kind sich nicht normal entwickeln kann, die Ärzte wollten natürlich keine Prognose stellen, rieten uns aber zu einer Fruchtwasseruntersuchung, um einen Gen-defekt auszuschließen. In unseren Köpfen herrschte Leere. Was sollen wir jetzt machen. Wir haben uns für die Fruchtwasseruntersuchung entschieden, aber an die möglichen Ergebnisse wollten keiner denken. 2 Wochen Wartezeit auf das Ergebnis waren uns einfach zu lang. Deshalb haben wir einen zusätzlichen Schnelltest machen lassen. Nach 2 Tagen dann das Ergebnis – unauffälliger männlicher Chromosomensatz. Erst mal konnten wir durchatmen. Wir mussten keine Entscheidung treffen, nicht über Leben oder Tod entscheiden. Nachdem wir wussten, dass es ein Junge wird, haben wir uns entschlossen IHM einen Namen zu geben, damit endlich diese „Babyanonymität“ aufhört. Fabian soll unser Kleiner heißen. Als Mittel der Wahl gab es jetzt nur noch abwarten und positiv denken. Marion ist jetzt in der 20. Woche. In den nächsten Wochen gingen wir mindestens einmal pro Woche zur Untersuchung zum Frauenarzt. Eigentlich lief jetzt alles „normal“. Es gab keine Anzeichen für eine Verschlechterung. 4 Wochen später meinte Marions Frauenarzt, wir sollten uns doch mal in der Uniklinik in Erlangen vorstellen. Hier sollte die Überwachung so lange weitergehen, bis eine „realistische“ Überlebenschance für unseren Zwerg besteht. Diese Wochen sollten sehr schwer werden. Von Wochen zu Woche mussten wir mitentscheiden, was zu tun ist. Immer stand im Raum, dass es noch besser ist, die Natur entscheiden zu lassen. In der 24 Woche ist so ein kleiner Wurm eben einfach noch nicht reif für die „große weite Welt“. In dieser Zeit hatten wir auch die Möglichkeit auf der Neugeborenenintensivstation mit einem Kinderarzt zu sprechen und auch mal ein „Frühchen“ zu sehen. Das war ein Erlebnis, dass uns zum Kämpfen bewogen hat. Gefühle kann man an so einer Stelle sowieso nicht beschreiben, aber wir konnten erahnen, was auf uns zukommt. Unser Ziel war die 27. Schwangerschaftswoche. Die Gesamtsituation begann sich ein wenig zu stabilisieren. Unsere Nerven allerdings wurden immer schwächer. Marion hatte in dieser Zeit natürlich am Schwersten. Ständig hatte Sie Angst, ob sich Fabian noch bewegt. Deshalb haben wir mit den Ärzten in Erlangen vereinbart, dass Marion stationär aufgenommen wird. So können verschiedene Untersuchungen durchgeführt werden. Inzwischen hatten wir die 28. Schwangerschaftswoche erreicht. Traumhaft. Jetzt herrschte wieder Optimismus. Die 30. Woche sollten wir wohl noch schaffen. Fabian hatte nach den Berechnungen auch zugelegt. Geschätztes Gewicht ca. 500 Gramm. Doch dann kam es doch wieder zu Schwierigkeiten. Seit Mitte Februar hatte Marion leichte Wehen und musste Medikamente nehmen. Plötzlich wurden die Wehen jetzt wieder stärker und die Herzfrequenz von Fabian immer schlechter. Marion wurde über längere Zeiträume überwacht und mit Magnesium „versorgt“. Die Situation gefiel den Ärzten gar nicht. Am Dienstag den 16.04.02 waren die Schwiegereltern und ich noch bei Marion zu Besuch. Sie war etwas schlapp vom Magnesium, aber guter Dinge. Ich war gerade wieder zu Hause, als das Telefon klingelte und Marion sagte, dass die Ärzte noch mal mit uns über die Situation sprechen wollten. In diesem Gespräch kamen wir zum gemeinsamen Schluss, dass es wenig Sinn macht noch länger zu warten.
Kaiserschnitt in einer Stunde – Fabian, du kannst kommen.